Bertolf und doch nicht Bolo

Es gibt Momente, da muss man sich eingestehen, dass der Wunsch, dass etwas wahr sein könnte, so stark ist, dass er mit der Gewisseheit, dass etwas wahr ist, verwechselt wird.

Gemäss dem Beitrag Bolo und Bertolf vom 25. September 2022 beantworteten wir Stephan Bertolfs Anfrage, ob Bolo unter dem Pseudonym «Severin» geschrieben habe, mit «ziemlich sicher ja». Dieses Fast-Ja wandelt sich dann schleichend zu einem Ja, obschon gewisse Restzweifel blieben. Dies aus dem einfachen Grund, da weitere Recherchen im Nachlass Bolos, im Internet und bei Basler Literaturkennern allesamt im Sand verliefen.

Tatsächlich wissen wir seit heute jedoch Dank Hinweisen eines Cliquenchronikers der Alten Stainlemer und einer darauffolgenden Recherche im Basel Literarisches Archiv (BLA), dass das Gedicht nicht Bolos Feder, sondern derjenigen einer Kollegin bei der National Zeitung entstammt:

der Bildredaktorin Helene Fischer.

Wie konnte das passieren, dass wir Bolo fälschlicherweise den «Severin» anhängten?

Ganz hundertprozentig sicher waren wir uns nie, da wir für die zwei im Nachlass gefundenen Zeitungs-Ausschnitte mit den Gedichten "Wenn 's vieri schloot" und "Us em alte Basel" nie die zugehörigen Original-Manuskripte gefunden hatten. Allerdings deutete einiges darauf hin, dass es sich tatsächlich um Bolo handelt:

  • Er publizierte viele seiner Gedichte in der National-Zeitung.
  • Er bewahrte in seinem Nachlass kaum Gedichte anderer Urheber auf.
  • Er publizierte unter diversen Pseudonymen.
  • Der Schreibstil passte durchaus zu ihm (was auch nicht verwundern muss, da Helene Fischer ja tatsächlich eine Kollegin von ihm war, ebenfalls mit einer starken Affinität zur Fasnacht).
  • Hans Bertolf war tatsächlich ein guter Kollege bei der National-Zeitung, der 1968 sogar das bekannte Portrait-Foto von Bolo schoss. Nicht überraschend also, dass Bolo einige seiner Bilder mit Texten versah.
  • Das Gedichtband E Hämpfeli Allergattigs wurde von der Offizin National-Zeitung-AG im selben Umschlagsformat und -material gedruckt, in der auch Der Ruesser oder Erinnerung an Bolo erschienen waren.
  • Mehrere Kenner der Basler Literaturszene bestätigten uns, dass Severin vermutlich Bolo sei.

Nun haben uns jedoch die harten Fakten eingeholt. Bolo hat weder das Hans Eppens-Gedicht verfasst noch ist er für den Gedichtband E Hämpfeli Allergattigs verantwortlich zu machen. Ein im Basel Literarisches Archiv (BLA) konservierter Zeitungsartikel räumt da jegliche Zweifel aus.

Gerne möchten wir an dieser Stelle durch eine erneute Publikation des besagten Nachrufs Helene Fischer posthum eine bescheidene Prise der Würdigung zukommen zu lassen, die ihr für dieses schöne Gedicht und alle anderen gebührt:

Eine kleine Bemerkung am Rande:

Es ist schon schwierig genug, irgend etwas über die Dame im Internet zu finden. Dass sie "Helene Fischer" heisst, setzt die Aussicht auf eine erfolgreiche Google-Suche dann aber faktisch auf null. Deshalb ein Tipp an kommende Künstler: legt euch einen unverkennbaren Künstlernamen zu ... künftige Recherchierende danken es euch.

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