Ein Bauer im Schauspielhaus

Ein dicker, stämmiger Bauersmann
Kam jüngst vor einem Schauspielhause an,
Als man die Einlasspforten eben aufgeschlossen ;
Erstaunt blieb er da stehn und machte seine Glossen
Ob dem im unerklärlichen Gedränge
Der da versammelt steh’nden dichten Menge.

„Ha, was hat denn dess do zu bedoite ?
Was gibt ’s denn in dem Haus do zu verschnoide,
Dass die Loit sich do so oini drenga
Und enander schier um ’s Leba brenga ;
E Kirch’ schoint mir des do net zu soi,
Denn do drugget sich d’ Stadtloit nit so noi,
Soviel i woiss ! – I will ’s doch woge
Und den Erschtbeschte do drum froge !“

Ein Zimmernann, der nah bei ihm gestanden
Und wörtlich diesen Monolog verstanden
Und ’s mit dem Biedermanne ehrlich meint,
Klopft auf die Schulter ihm und spricht: „Mein Freund,
Ihr habt wohl nie ein Schauspielhaus gesehn ?
Habt Ihr nicht Lust, einmal hinein zu gehen ?“

„E Schauspielhaus isch des ? Aha ! Soso !
Jetz denk i scho a Woil: Was goit ’s denn do ?
I hab gedacht, d’ Loit hette Geld do z’ fasse,
Dass sie sich so groilich stosse und drugge lasse !
Ja wemmer froge derf: Was goht denn do drin vor ?“

„Da wird entzückt das Auge und das Ohr !
Da kann man sehn – wie ’s zugeht in der Welt,
Wie Hinterlist der Tugend Netze stellt,
Wie der Gewalt das Recht oft unterliegt,
Wie aber auch die Tugend manchmal siegt !
Heut gibt ’s ein grosses Rittertrauerspiel,
Das würd Euch gewiss gefallen . . . „

„Jaaa: Mues i de denn au was zahle
Wenn i des seh’ und here will ?“

„Jawohl ! Doch wenn Ihr jetzt mit m i r wollt gehen,
So könntet Ihr es unentgeltlich sehn !“
Er nahm den Bauern mit und wies ihm eine Stelle hinter den Kulissen:
„Doch dürft Ihr keinen Schritt vom Platze gehen, das sollt Ihr wissen !“

„Scho gut !“ entgegnet Bauer Hans darauf.
Dann sperrt er plötzlich Maul und Nase auf,
Als er mit Achtsamkeit den Vorgang sah.
Für ernst hielt er natürlich alles, was geschah,
Und war dabei ganz Aug’ und Ohr.

Nun kam im letzten Akt ein Zweikampf vor,
Der einer Liebe wegen sich entsponnen !
Hans merkte richtig sich den Mann, der ihn begonnen ;
Halblaut sprach er für sich:

“Der mit dem blanke Helm
Und dene grausse Räder an de Sporn,
Des sich e Schuft, e Schurk, e Schelm,
Kerle, di nimm i mir uff ’s Korn !
Lass’ gut soi – i bi do, kommt ’s no am End zum Schlage –
Euch Zwee will i scho ausoinander jage !“

Und immer mehr regt sich in ihm die Galle
Und unwillkürlich formt sich seine Hand zum Balle.
Als nun die Streitenden die Schwerter blank gezogen
Entflammt sein Zorn, pfeilschnell kommt er angeflogen,
Fasst hinterrücks den ihm verhassten Ritter
Und wirft ihn plump wie einen Sack darnieder !:

„Do loisch, Du Schuft ! Hasch Du denn gar koi Gwisse ?
Willsch Du mit Gwalt unschuldig Blut vergiesse ?
’s Mädle ghert dem , drum muesch Du schwoige,
Sunscht will i Dir no ganz was andres zoige !
Stecksch Du nit gloi Doin Säbel oi und goisch jetz Rueh,
No drugg i Dir no Doi vermaledoite Gurgel zue !“

Das Publikum klatscht lachend und begeistert in die Hände –
So nahm doch dieses Trauerspiel ein wahrhaft lutiges Ende !


Verfasst 1943