Fasnachtszeedel

Bolo betrieb an der Fasnacht nicht nur das Trommeln, Pfeifen und Schnitzelbänkeln aktiv, sondern war auch als Auftrags-Zeedelschreiber für die eigene wie auch diverse andere Cliquen beschäftigt. Alleine für die Märtplatz-Clique verfasste er beinahe 42 "Fasnachtszeedel".
Einen geradezu berüchtigten Zeedel schrieb er 1946 für die Kuttlebutzer, die damals noch als Wagenclique unterwegs waren: Eduard der Schrooter.

Nachfolgend eine chronologische Liste aller aufgefundenen Bolo-Zeedel, die er für die Basler Fasnacht verfasst hat.

1925-1972: 47 Jahre Märtplatz-Zeedel

Bolo war 1923 Gründungsmitglied der Märtplatz-Clique Basel (MCB) und blieb dort bis an sein Lebensende 1973 aktives Mitglied. Die MCB bestritt 1924 ihre erste Fasnacht und hatte 1925 ihren ersten Zeedel. Bolo dichtete ab diesem Jahr  bis kurz vor seinem Tod jede Fasnacht einen Zeedel.

  • 1925: D' Kurpfuscher (Baselbieter Quacksalber)
  • 1926: D' Mäss friener und hitt oder: 'S Wyb ohni Kopf (Herbstmesse 1925)
  • 1927: Dr glai Nazi (Kinderbeilage der Nationalzeitung, siehe Der kleine Nazi)
  • 1928: D' Haiwoog-Garasch (Heuwaage-Garage Schlotterbeck)
  • 1929: Dr Dienschtmanne-Dirgg (Zwei Dienstmänner für Extrageschäfte nach Deutschland)
  • 1930: 's ziet! (Charivari)
  • 1931: 's Zircher illuschtri Dubbee! (Zürcher Illustrierte über den Basler Morgenstreich)
  • 1932: Eglisee-les-Bains (Neueröffnung des Schwimmbads Eglisee)
  • 1933: D' Ballade vom Regierigsroot - und vom Budget (wie 's entstoot) (Basler Finanzhaushalt)
  • 1934: A propos «Zuekunftsfasnacht» (Zukunft der Fasnacht)
  • 1935: Vive la Suisse! (Werbung für Schweizer Produkte)
  • 1936: Dr Wettstaibruch (gnau gnoo: d Wettstaibrugg) (Umbau der Wettsteinbrücke)
  • 1937: Die Baseler Tambourin-Kapelle in Berlin! (Berliner Olympiade)
  • 1938: Em Duutsche sy Ross Motto: Mottatis mottandis! (Bundesrat Mottas Beziehung zu Mussolini)
  • 1939: D' Dominik Müllere het - d' Müllere het, sy het ... (Faschistischer Stadtpoet fällt in Ungnade)
  • 1946: D' Altstadt-Sanierig (dr ewig Zopf) (Altstadtsanierung nach Ende des 2. Weltkriegs)
  • 1947: Dr Wooltätigkaits-Mogge-Daig uff em Petersplatz (Wohltätigkeitsfest auf dem Petersplatz)
  • 1948: D' Eva und die siibe Zwärgli (Besuch von Eva Perón in der Schweiz)
  • 1949: Me sott sy hiete (à la Baby-Sitzer) (Aufkommen der Baby-Sitter)
  • 1950: Dr Storgg stirbt uss! (Problematik der künstlichen Befruchtung)
  • 1951: Dr Basler Saulärme (Lärmbelastung durch den Verkehr in Basel)Dankesteller der der Märtüplatz-Clique zum siblrigen Zeedeljubiläum (25 Jahre).
  • 1952: 'S goot um d Wurscht (Kritik an der fasnächtlichen Entwicklung)
  • 1953: Eel am Huet (Kritik an der Ölkrise und politische Auswirkungen)
  • 1954: Schaggüs (s rutscht im Staats(an)wald) (Betrunkener Staatsanwalt und dessen Fahrerflucht nach einem Unfall)
  • 1955: Keeren und zaige! (Eidgenössisches Schützenfest 1954 in Lausanne)
  • 1956: Potz Townsend (Beziehung von Lord Townsend und Prinzessin Margaret)
  • 1957: Alli baue - kaine woont! (Basels Bauvorhaben)
  • 1958: Abstraggt (Abstrakte Kunst)
  • 1959: 'S prima Basler Zolli-Zucht-Klima (Zuchterfolge im Basler Zolli)
  • 1960: Dr Weihnachtsstraich vom Tschudi-Fescht (Wahlfeier des Basler Bundesrates Hanspeter Tschudi)
  • 1961: D' Hormon-Poulets us den USA (Aufkommen von Hormon-Poulets aus den USA)
  • 1962: D' Lupus in Femina (Frauen im Bürgerrat)
  • 1963: Nationali Sexual-Zytigs-Not (Die hochstilisierte Sexualnot der Gastarbeiter)
  • 1964: Prost Rütli! (Das Rütlischiessen)
  • 1965: Abu Simpel (Versetzung des Tempels von Abu Simbel)
  • 1966: Mir Nouveau-Rysch im Niveau-Rusch (Kritik an der neureichen Gesellschaft)
  • 1967: Liberté - séparé - Ranzeweh! (Entstehung des Kantons Jura)
  • 1968: 'S Kultur-Gfächtli Ziri-Basel (Radio-Orchester von Basel nach Zürich)
  • 1969: D' Artillery-Verkalggig vo Luzistaig (Schweizerischer Militärunfall in Liechtenstein)
  • 1970: Hail dir, Frau Stirnimaa! (Triumpf des Volksliedes «Grüezi wohl Frau Stirnimaa»)
  • 1971: D' Ballade vom Nonnewäg (Indische Mädchen arbeiten für die katholische Kirche)
  • 1972: Viva Vilar oder: Dr dressiert Maa (Esther Vila und ihr Buch: «Der dressierte Mann»)

Alle 42 Märtplatz-Zeedel in einem Pdf: Download ⭳ (119 MB)
Alle Sujet-Beschreibungen in einem Pdf: Download ⭳ (7 MB) (Aus «100 Joor Märtplatz-Clique Basel 1923-2023»)

1967-1973: 7 Jahre Gaiferi-Zeedel

Die Gaiferi-Clique war eine 1965 von Sohn Urs gegründete Pfeifer- und Trommel-Clique mit Cliquenkeller im eigenen Haus am Schweissbergweg 11 in Binningen, die '67 das erste Mal mit einem Zeedel auf die Bretter der Fasnachtsbühne trat. Bis zu seinem Tod hatte Bolo dem Sohn die Zeedel geschrieben, welcher diese Arbeit nach Bolos Tod bis zur Auflösung der Gaifericlique im Jahr 1995 nahtlos fortführte und - ganz der Vater - parallel einige weitere Zeedel für andere Cliquen schrieb (beispielsweise für die Junge Garde der Gundeli Clique).

  • 1967: D' Aktion Huusapitheek (Die Basler Apotheken starten eine Aktion zur Entrümpelung der Hausapotheken)
  • 1968: D' Schwemmene (Milch-, Käse- und Butterschwemme in der Schweiz. Motto: Mir hänn vo allem soone Huffe, ass mer langsam drin versuffe.)
  • 1969: Hoorig oder haarig? (Das Sujetsuchen im Cliquenkeller verlief harzig. Da meinte jemand spasseshalber: «Spiile mer doch em Urs sy Glatze-n-us.» Allgemeiner Beifall und das Sujet war geboren.)
  • 1970: Fusiomadände (Fusion der Chemiegiganten CiBa und Geigy)
  • 1971: Äne däne disse, d ' Baizer hänn ys bschisse, jetz wämmer's nimme wisse (An der letzten Fasnacht fiel die üble Abzockerei durch die Beizer unangenehm auf. Vor allem im «Drachen» in der Äschenvorstadt wurden die Gaiferi regelrecht über den Tisch gezogen)
  • 1972: 6783 Joor Gaiferi / Les baveurs à travers les epoques (Fantasiesujet mit der Erkenntnis: Gaiferi (= Stänggeri) gibt es scho seit ewigen Zeiten.)
  • 1973: D' Gschicht vo de Lecher (Überall in der Stadt werden die Strassen aufgerissen. Basel besteht bald nur noch aus Löchern)

Weitere Zeedel für diverse Cliquen

Lunik II / Luna II lands on the moon On This Day September 14 1969 ...
Die Lunik II / Luna II landet auf dem Mond am 14. September 1959.

Man sieht schon nur anhand dieser (vermutlich unvollständigen) Liste, dass er kombiniert mit den alljährlichen Zeedeln der "Märtblätzler", "Gaiferi" und "Spalemer" nicht selten im selben Jahr mehrere Zeedel gleichzeitig schrieb, von Binggis bis Alte Garde. So konnte es durchaus vorkommen, dass er sogar zwei verschiedene Zeedel über dasselbe Sujet schreiben musste, wie zum Beispiel an der Fasnacht 1959 für die Spale- und die Sparse-Clique zum Thema Raumfahrt, kurz nachdem die sowjetische «Lunik 2» als erste Raumsonde den Mond erreicht hatte.